Damals, am 29. September 1974 in Nordholz……….

Nordholz 29.09.74

Es fing ganz harmlos an. Im Alter von 12 Jahren habe ich mit Freunden gestoppte Rundenläufe um das große Mehrfamilienhaus, in dem wir wohnten, veranstaltet, wer ist 10mal rum am schnellsten? Um 1966 herum begann ich, teilweise mit Freunden oder alleine, im Wald ein paar km für die Fitness zu laufen, zuerst nur am Wochenende, dann auch öfter. Irgendwann erzählte mir meine Mutter, daß mein Cousin „da immer solche Volksläufe macht“. Ich erfuhr, daß diese Läufe, von Sportvereinen organisiert, bundesweit stattfinden und es sogar einen „Volkslaufkalender“ gibt. Also machte ich mich 1967 an einem Sonntagmorgen per Bus und Bahn auf den Weg von Hittfeld nach Wedel bei Hamburg, um die 3000 m für die „Männliche Jugend A“ zu laufen. Den Startschuß gab der Sensationsdarsteller und Stuntman Arnim Dahl, er war viel kleiner als ich dachte, hatte aber die Ausstrahlung einer gespannten Stahlfeder. Berühmt war er durch Drahtseilakte, Abseilen vom Hubschrauber auf einen fahrenden Zug, Sprünge durch Glastüren usw….. Soviel konnten wir jugendlichen Läufer nicht bieten, zumal wir falsch geleitet wurden und schon nach 1 km wieder im Ziel ankamen, also eigentlich ein frustrierender Auftakt für mich! Aber, wie sage ich immer, „niemals aufgeben!“ Am 03.04.1972 dann mein erster Volkslauf über 10 km um den Ratzeburger Küchensee, hier trainierte auch der Deutschlandachter, „Ratzeburger Ruder-Recken“ genannt. Ich lief etwa 50 min. Bald hatte ich feste Trainingsstrecken im Wald, stoppte und dokumentierte die Zeiten. Ich nahm an Volksläufen in der Umgebung teil, z.B. in Klein Meckelsen, Travemünde, Cuxhaven, Hemslingen, Uelzen, Lüneburg, Poppenbüttel, auch in Westerland/Sylt ….. und mein erster langer VL in Karlshöfen ging über knapp 19 km. Inzwischen hatte ich meinen alten Schulfreund Wolfgang Kahlert getroffen, der jetzt wieder in der Gegend wohnte, und in der Folge fuhren wir gemeinsam, manchmal mit meinem Bruder und anderen Freunden zusammen, zu vielen 10- und 20 km -Läufen im weiteren Umkreis um meinen Heimatort Hittfeld. Einen „Halbmarathon“ über 21,098 km gab es noch nicht, der wurde später aus Marketinggründen erfunden. Man läuft ja auch keinen „Halbspartathlon“ und unternimmt keine „Halbweltreise“, also: ganz oder gar nicht! Irgendwann 1974 kamen wir auf den glorreichen Gedanken, man könnte doch mal einen Marathon laufen, das wäre ja schließlich nur etwas mehr als das doppelte eines 20ers! Also, zweimal die Zeit für einen 20er gerechnet sind 2 x 1:30 h = 3:00 h + 15 min für die fehlenden 2,195 km + etwas Zugabe, weil man ja nachher etwas?? langsamer wird, ergab nach unserer Rechnung ungefähr 3:30 h als Endzeit. Es gab damals nicht so viele Marathons in Deutschland, u.a. Baldeney-See Essen, Schwarzwald Bräunlingen, Rund um Wellen, Husum, und …. den Marathon in Nordholz, an der Nordseeküste südwestlich von Cuxhaven gelegen, veranstaltet vom örtlichen Sportverein. Nach meiner Erinnerung war das Wetter an diesem 29. September 1974 recht warm, Wolfgang und ich liefen guten Mutes los auf dem ländlichen Kurs über kleine Nebenstraßen. Zuerst war alles ganz normal, aber zwischen 20 und 30 km hatten wir dann die „Unheimliche Begegnung der dritten Art“! Jeder weiß, was gemeint ist, Muskeln und Kreislauf waren in eine unbekannte Zone gekommen, und die Pausen an den Verpflegungsstellen wurden immer länger, unterwegs verabschiedeten wir uns von unserer angepeilten Zeit, kamen aber ohne größere Probleme stolz ins Ziel, meine Zeit war 4:28 h, und nach der kurzen „ich laufe nie wieder Marathon“- Phase beschlossen Wolfgang, mein Bruder Manfred und ich, 14 Tage später gemeinsam zum damals größten deutschen Marathon (fast 2000 Finisher) nach Bräunlingen im Schwarzwald zu fahren. Wir übernachteten in einer Privat-Pension. Wie damals üblich, schliefen die Kinder der Gastgeber-Familie auf dem Dachboden, damit die Zimmer für die Gäste frei wurden. Am Marathon-Vorabend war in der Stadthalle von Bräunlingen mächtig was los mit Musik und toller Stimmung! Am nächsten Morgen dann ein ganz anderes Bild, die aus meiner Sicht unzähligen Starter machten sich bereit für den 7. Internationalen Schwarzwaldmarathon, der auch der weltälteste Frauenmarathon ist. Die Läuferin Martha v. d. Berge war bereits 1968 erste offizielle Siegerin eines Marathons. Davor war es für Frauen offiziell verboten, die 42,195 km zu laufen, teils liefen sie als Männer verkleidet. Aber zurück in die Stadthalle! Es roch hier ziemlich streng nach allen möglichen Einreibemitteln, die auch wir benutzten und als Sammelbegriff „Pumasalbe“ nannten. Am Start waren über zweieinhalbtausend Teilnehmer und die große Runde durch den Hochschwarzwald führte ca. 12 km über Asphalt-Nebenstraßen, sonst nur Waldwege mit leichten Steigungen.

1975 Schwarzwaldmarathon - Kopie

Mit der Erfahrung vom Nordholz-Marathon konnte nichts schiefgehen und ich lief gemütlich bei km 40, bis ich mich umdrehte und ca. 100 m hinter mir Manfred sah, der mir zuwinkte. Ich wollte mich dann doch nicht mehr überholen lassen und so kamen wir in 4:10 bzw. 4:12 h ins Ziel an der Stadthalle, Wolfgang war schon etwa eine halbe Stunde da. Das war für uns 3 wohl das bisher in jeder Beziehung größte Lauferlebnis und ich ahnte nicht, was alles noch kommen sollte! Ja, so war das damals, als alles begann! Bis zum Jahr 2000 begnügte ich mich mit wenigen Marathons im Jahr, ab dann ging’s bergauf, hatte ich doch 1998 beim Marathon auf der Chinesischen Mauer Michael Weber und Helmut Hummel getroffen, die schon seit Jahren weltweit Marathons sammelten, 2001 dann Christian beim Aalborg Brutal Marathon, und schon 2002/2003 lief ich die Winterserie an den Teichwiesen, die ich dann überraschend gewinnen konnte. Viele folgende Laufabenteuer habe ich inzwischen auch hier auf meiner Webseite beschrieben, der nächste Bericht kommt bestimmt!

Dietrich Eberle                         16. Oktober 2014

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