mit Zwischenstopps in:
Sondershausen…….Frankfurt…….Kairo……..Athen
(25.10.2002 – 04.11.2002)
Eigentlich fing alles schon viel früher an, auf der Fahrt zum Aabenraa-Bjergmarathon am 22.06. Christian erzählte mir von seiner Idee, wie man aus einer normalen Teilnahme am 100km-Pharaonenlauf in Ägypten eine spannende Marathon-Tour machen könnte. Schließlich waren es dann 4 Läufer, die sich auf die Reise machten, nämlich die 100 MC’ler Barbara Slachetka, Christian Hottas und Dietrich Eberle und außerdem Norbert Schmid.
Freitag, 25.10.02
Ich fahre am Nachmittag nach Volksdorf, um Barbara und Christian abzuholen.
Norbert hat sich nämlich eine eigene Miles-and-More-Route ausgedacht und wird erst in Kairo zu uns stoßen. Wir nehmen auch noch Tad und Peter aus London mit (100 MC UK), die sich aber mit dem Underground-Marathon Sondershausen begnügen werden. Mein Wagen ist mit 5 Personen gut ausgelastet und um 18 Uhr starten wir über die Autobahn nach Süden. Bei Dauerregen und mit nur einer kurzen Rast im Pizzaimbiß erreichen wir gegen 22.30 h die JH Juventus in Sondershausen, unser erstes Marathonziel auf dieser Lauf-Erlebnis-Tour. Ein paar Stunden Nachtruhe sind bis morgen früh ja auch noch drin.
Sonnabend, 26.10.02 / Marathon im Brügmann-Schacht
Frühstück ist um 7 Uhr, und ich treffe auch Manfred Iser, den ich vom Fuldahöhenlauf kenne. Kurz nach 8 h fahren wir los, um zunächst die Startunterlagen abzuholen. Natürlich ist der 100 MC stark vertreten, ich glaube, wir stellten 17 von 104 gemeldeten Läufern, darunter Sigrid Eichner, Lothar Gehrke, Thorsten Themm und Dieter Merker. Dann fahren wir ab in den Schacht bis auf 700m unter Tage, das sind 400m unter NN. Um 10 h starten alle, ausgerüstet mit Fahrrad-Sturzhelmen, zum Marathon und Halbmarathon. Eine Runde von 10,5 km mit starken Steigungen ist 4 mal zu durchlaufen, wie schon vor ca. einem Jahr vom 100 MC durchgeführt. Allen Wiederholungstätern kommt die Streckenkenntnis zugute und so mancher Mitläufer, der mit full Power startete, wird unterwegs eingesackt, denn das Streckenprofil und die Temperatur von 25 – 30 °C fordern ihren Tribut. Kurz vor dem Ziel ruft jemand von hinten: “Wenn Du Dich nicht beeilst, hole ich Dich noch ein“.
Manfred Iser war so fair, mich zu warnen, so daß ich ein paar Sekunden ins Ziel rettete und mit 4:46 h finishte. Platz 3 in M50 war für mich, der damit nicht gerade verwöhnt wird, ein gutes Ergebnis. Barbara (4:24, Platz 30, 2. Frau) und Christian (4:27, Platz 32) müssen sich ein hartes Rennen geliefert haben, wobei Christian hier bei seinem bereits 3. Start persönliche Sondershausen-Bestzeit erreicht. Nach Freibier, Siegerehrung und dem Duschen dann um 17.30 h Weiterfahrt nach Wetzlar, wo wir es uns zunächst beim Italiener gut gehen lassen und anschließend bei Bertold Becker im Wohnzimmer unsere Schlafsäcke ausrollen.
Es regnet die ganze Nacht und läßt einen nassen Frankfurt-Marathon erwarten.
Sonntag, 27.10.02 / Frankfurt-Marathon
Nach dem Frühstück geht es um 8.30 h nach Frankfurt-Messe ins Parkhaus, mit Pendelbus in die Hallen, Startunterlagen abholen. Es sollen ca. 10000 Starter sein, wir fühlen uns soweit ganz locker, Barbara klagt über Muskelschmerzen. Start um 11 h, es ist windig, aber trocken. Barbara ist uns vor dem Start in den Messehallen verlorengegangen, so daß sie nicht, wie Christian und ich, in den Genuß des HR3-Fernsehinterviews kommt. Nach ca. 6km läuft ein Reporter in Sportdreß mit dem Mikro neben uns her, ein Motorrad mit Kamera vor uns. Ich sollte u.a. die Standard-Reporter-Frage beantworten, ob denn Marathonis sich dank der Endorphine während des Laufes in einen Glücksrausch versetzen würden, was ich nicht so euphorisch bestätigen konnte. Die Interviews wurden dann in die laufende Marathon-Berichterstattung eingeblendet, wie ich von Marathon-Fern-Sehern später erfuhr.
Ich erreiche das Ziel nach 4:12:52, und zwar relativ locker, die 2. Hälfte ca. 1 Min. schneller als die erste. Barbara war schon da, Christian folgte ein paar Minuten später.
Nach dem Duschen treffe ich auch Norbert, der unter 4 h geblieben war und erst Montag nach Kairo fliegen wird. Um ca. 17:30 h müssen wir uns auf den Weg machen. Nachdem wir das Auto in Kelsterbach geparkt haben, geht es per S-Bahn zum Flughafen. Beim Einchecken erfährt Christian, daß seine Buchung storniert ist. Nach relativ kurzer Zeit erhalten wir von der Olympic-Airways-Dame am Schalter die Bestätigung, daß wir unseren 1. Vorsitzenden trotzdem mit nach Ägypten nehmen dürfen, da es sich um einen „Übermittlungsfehler“ handelt. Die Maschine hebt um ca. 21 h ab, ist um 0:30 h in Athen, wo man Barbaras Fingernagelschere im Handgepäck als gefährliche Waffe erkennt und beschlagnahmt. Weiterflug 1:30 h, in Kairo ca. 3:30 h.
Montag, 28.10.02
Nach den Visa-Formalitäten fahren wir per Taxi nach Kairo hinein, wo wir um ca. 4:30 h bei Dr. Mohammed Aly eintreffen, einem Freund und Patienten von Christian in Hamburg. Er wohnt im 15. Stock mit weitem Blick über die Stadt und den Nil bis zu den Pyramiden von Gizeh. Wir schlafen ein paar Stunden und frühstücken um 11 h mit Mohammed und seiner Frau Heide, die aus Österreich stammt und morgen ihren Geburtstag feiern wird. Beide leben schon sehr lange in Deutschland. Ich möchte gleich am Anfang sagen, wie herzlich wir aufgenommen wurden und wieviel Insiderwissen wir nebenbei erfahren haben, dafür vielen Dank, auch an Christian als Initiator und Organisator. Am Nachmittag fahren wir alle fünf zu einem kleinen Ausflug über den Nil zu den Pyramiden von Sakkara, vorbei an Nil-bewässertem Bauernland. Aly sagt, hier in der Landwirtschaft hat sich seit Jahrtausenden nicht viel verändert. Die Stufenpyramide von Sakkara stammt aus dem „Alten Reich“. Eine unterirdische Grabstätte, über 4000 Jahre alt, zeigt sehr beeindruckende Wandbilder. Mit Hilfe eines Backschischs für den Wächter wurden sie auch Teil unserer Fotosammlung. Auf der Rückfahrt ist es schon dunkel und zum Abendessen sitzen wir im Freien in einem Restaurant am Nil. Natürlich probiere ich eine einheimische Spezialität, nämlich mit Reis gefüllte Tauben, scharf gewürzt, dazu ein ägyptisches Bier. Dann fällt uns ein, daß Norbert ja inzwischen angekommen ist. Leider mußte er vor der Wohnung 2 Stunden auf uns warten. Außerdem hatte er seinen Paß im Taxi verloren, aber nach vielen Aly-Telefonaten, einer Fahrt zum Flughafen, die eigentlich nur zum zollfreien Einkauf vorgesehen war, Verhandlungen und Backschisch wurde der Paß schließlich in Aly´s Wohnung abgeliefert. Nun war inzwischen Mitternacht vorbei, und so konnten wir einen Cognac auf Heides Geburtstag trinken.
Dienstag, 29.10.02
Aly hat heute morgen schon hart für uns verhandelt und ein Taxi für 120 Pfund, etwas über 50 DM (den ganzen Tag), bestellt. Der Weg führt uns nach Gizeh zur Besichtigung der großen Pyramiden mit Grabkammern usw. Es ist sehr beeindruckend, einschließlich des Touristenrummels. Viele Kamelreiter, Grabführer und Backschischjäger bieten ihre Dienste an. Ich werde von einer ägyptischen Schulklasse mitsamt Lehrer sozusagen interviewt, woher ich komme, warum, wohin, wie mir Ägypten gefällt, wo ich sonst noch war…..
Barbara soll Christian zu einem Kamelritt breitgeschlagen haben, außerdem hat sie etliche Fotos von sich machen lassen. Ich stelle später fest, daß ich die Sphinx komplett ignoriert habe, also muß ich irgendwann nochmal hierher. Unser Fahrer bringt uns sicher durch den Wahnsinnsverkehr von Kairo zur Sultan Hassan Moschee. Wir besteigen einen der Türme und haben einen wunderbaren Blick auf die Stadt und die Zitadelle mitsamt Mohammed Ali Moschee. Weiter geht es zum Basar von Khan Kalili, unterwegs im dicksten Verkehrsgetümmel ruft unser Fahrer freudig aus: „This is Kairo!!“ Abends hat Aly zu Heides Geburtstag noch eine Felukenfahrt (typisches ägyptisches Segelschiff) incl. Picknick auf dem Nil organisiert, dabei ist auch sein Bruder und dessen Tochter, die aus Hamburg zu einem Familientreffen angekommen sind. Ruhige Stimmung auf dem dunklen Nil und schöner Blick auf die Lichter der Stadt.
Mittwoch, 30.10.02
Heute wechseln wir das Verkehrsmittel und nehmen um 10 h die S-Bahn zum Ägyptischen Museum. Nachdem ich mein Taschenmesser am Eingang abgegeben hatte, stand der Besichtigung von Sarkophagen, Statuen, Mumien, Goldmaske und -sarg des Tut Ench Amun, Gold- und Edelsteinschmuck und unzähligen Kunstgegenständen nichts mehr im Wege. Wir waren bis ca. 15 h dort, ich habe im Museumsgarten noch einige Ansichtskarten geschrieben.
Während Barbara, Christian und Norbert zunächst eine Pizza essen, muß ich noch kurz mit dem Taxi zur Sphinx. Anschließend lasse ich mich zur Zitadelle fahren, wo uns Heide und Aly erwarten, um in der Mohammed Ali Moschee gemeinsam den Tanz der Derwische zu erleben. Es sind ausschließlich Männer, sie tanzen für Allah und wir dürfen deshalb kostenlos dabeisein. Wir sahen verschiedenste landestypische Musikinstrumente und Tänze, sehr beeindruckend.
Donnerstag, 31.10.02
Heute lassen wir uns Zeit beim Frühstück und interessanter Unterhaltung mit unseren Gastgebern. Gegen Mittag geht es mit der S-Bahn ins Koptische Viertel, ca. 10% der Einwohner Kairos sind koptische Christen. Wir besichtigen deren Kirchen, ein Kloster und auch eine Synagoge. Nun wird es aber Zeit, daß wir an den eigentlichen Anlaß unserer Reise denken. Im Mövenpick-Hotel von Gizeh erwarten uns die Startunterlagen für den 100km-Lauf von El Fayum nach Sakkara. Der Start soll morgen um 6 h sein. Es sind ca. 30 Einzelläufer und etliche Staffeln gemeldet. Unsere private Nudelparty findet bei Aly und Heide statt. Dann versuchen wir noch ein wenig zu schlafen, aber die Nacht wird kurz.
Freitag, 01.11.02 / Pharaonenlauf 100km
1:45 h aufstehen, 2 h Frühstück, 2:45 h mit dem Taxi zum Mövenpick, dort um 3:15 h, 3:45 h aufnehmen der Verpflegung und belegen des Begleitautos. Norbert und ich haben einen gemeinsamen Kleinbus, Barbara und Christian ebenfalls. Eigentlich sollte jeder Einzelläufer ein Auto für sich haben, aber irgendwie ist bei der Anmeldung etwas schiefgelaufen. Der Troß der Fahrzeuge macht sich verspätet auf den Weg zum Startort Oase El Fayum, unterwegs Militärkontrollen, und auch am Start sehen wir auf den umliegenden Sanddünen bewaffnete, wie Beduinen gekleidete Bewacher, die uns vor Terroranschlägen schützen sollen. Der Start findet erst um 7:18 h statt, nahe der Hauwara-Pyramide. Es ist sehr warm, um 30 Grad, zunächst geht es durch Wüste, mit Blick auf die Meidum-Pyramide, dann durch grünes, fruchtbares Bauernland entlang eines vom Nil gespeisten Bewässerungskanals, der die unzähligen Gräben der Felder über Pumpen mit Wasser versorgt. Wasserbüffel, Vögel, Bauern auf Eseln und johlende Kinder in den Dörfern begleiten uns auf unserem mühsamen Weg. In der Ferne sehen wir die Elleshet- Pyramide. Der Fahrer unseres Autos und der begleitende Zivilpolizist wollen mich unterwegs überreden, in den Wagen zu steigen, was ich unwirsch in Pidgin-Englisch ablehne:“I am here in Egypt to run 100 km, not to drive in a car!“ Durch die Startverspätung kommen wir früher in die Dunkelheit, die Autos begleiten uns deshalb auch nicht mehr, und wir müssen viele km ohne Versorgung laufen, besonders hart hat es Christian getroffen.
Nach 11:48 h, um ca. 19:06 h, erreiche ich als 8. das Ziel an der Pyramide von Sakkara. Es gibt eine schöne Medaille und eine noch schönere Papyrus-Urkunde. Ich staune allerdings nicht schlecht, als ich erfahre, daß einige Läufer, die ich unterwegs überholt hatte und mit Sicherheit hinter mir wußte, schon im Ziel sind. Ich dachte mir, die müssen mich überflogen haben! Es stellt sich heraus, daß diese Sportkameraden nicht eingewiesen wurden und so den ca. 6,8 km langen Abstecher zur Pyramide von Dahshur nicht gelaufen waren. Laut Ergebnisliste sind 12 Einzelläufer ins Ziel gekommen. Norbert ist 3. in 10:58, Barbara 4. in 11:02, Christian 7. in 11:37. Norbert und ich duschen noch am Pool. Abends im Hotel dann ein Gala-Diner mit Siegerehrung, Barbara erhält den Pokal für die erste Läuferin. Wir müssen aber jetzt schnell zurück zu Mohammed Aly, um zu packen und noch kurz zu schlafen.
Sonnabend, 02.11.02
0:45 h Abfahrt zum Flughafen, 3:45 h Abflug nach Athen. Wir landen um 6 h und mit Bus E 095 gelangen wir in die Stadtmitte und zu Fuß zum Hotel. Norbert kommt später nach, er hat den direkten Weg von Kairo über Frankfurt und München nach Athen gewählt (kein Witz, sondern Miles & More). Wir 3 Kurzflieger holen den Schlaf bis ca. 14 h im Hotel nach. Dann ein Spaziergang durch die sonnige Stadt zur Abholung der Startunterlagen und Nudelparty im Marathon-Hotel. Die Starterliste umfaßt ca. 2000 Teilnehmer.
Sonntag, 03.11.02 / Das Original: Marathon-Athen
Um 6 h müssen wir am Olympiastadion sein, von wo die Busse ins ca. 42,195 km entfernte Marathon zum Start dieses historischen Laufes fahren. Wetter wolkenlos, die Sonne geht auf über den Hügeln von Marathon, und historische Schauer laufen uns über den Rücken. Wir tauchen ein in das sehr internationale Läuferfeld. Venezuelaner, Schweden, Polen, Amerikaner, Italiener, Deutsche, Dänen, sogar Griechen und…und..und sind an ihren Trikots zu erkennen, Christian wird sogar eine junge und schöne Exotin treffen, die sich als Hawaiianerin entpuppt. Start um 8:30 h, und der 100er steckt uns in den Knochen. Ich beginne etwas über 6er Schnitt und halte das Tempo einigermaßen. Das Rennen geht über die Originalstrecke der 1. Olympischen Spiele der Neuzeit, ich erreiche das Stadion in Athen nach 4:26:47, das finde ich o.k.
Norbert und Barbara laufen um 4 h, Christian ist ca. 11 Minuten vor mir im Ziel. Urkunde und Medaille, dann zu den Kleiderbeuteln und umziehen, duschen im Hotel und sofort zur Akropolis, denn wir sind ja nicht zum Vergnügen hier! Uns bietet sich ein sehr schöner Blick über Athen bis hin zum Meer, Tempelanlagen, ein antikes Theater. Zurück durch die Altstadt, unterwegs Giros und Souflaki, in Pfannkuchen eingewickelt, als „Pita“ zum mitnehmen. Dann ein Bier im Straßencafe, und die Müdigkeit kommt. Wir packen unsere Rucksäcke noch für morgen und sind gegen halb 9 im Bett.
Montag, 04.11.02
5:50 h zum Flughafen, Abflug nach Frankfurt 8:30 h. In Athen ist es noch wolkenlos, in Frankfurt erwartet uns um 10:30 h starke Bewölkung. Die S-Bahn bringt uns wieder zum Auto. Christian und ich gönnen uns beim Metzger ein Brötchen mit fingerdickem Leberkäse und dann geht‘s zurück nach Hamburg, wo ich Barbara und Christian in Volksdorf abliefere. Wir sind uns alle einig, daß das eine spannende und erlebnisreiche Tour im Zeitraffer war, die wirklich höllischen Spaß gemacht hat! Gegen 18 h bin ich wieder zu hause in Hittfeld.
(Dietrich Eberle)