13 Marathons in 13 Tagen
(20.12.2002 – 01.01.2003)
Ein Jahr zuvor fand diese Serie als 12er das erste mal statt und irgendwann im Jahre 2002 hörte ich von Christian, daß dieser Wahnsinn sich diesesmal als 13er wiederholen soll.
Zunächst habe ich das einfach nur zur Kenntnis genommen, aber in der 2. Jahreshälfte dachte ich daran, vielleicht an ein paar Läufen teilzunehmen, auch weil Christian ständig davon redete und die Werbetrommel rührte.
Die Teichwiesen kannte ich ja schon zur Genüge, wo man auf baumbestandenen Wegen die fetten Weiden der Galloway-Rinder auf einem ca.2,6 km langen Naturkurs 16,3 mal umrundet. Aber das jetzt im Winter und 13 mal in Folge, wo ich es bisher maximal zu einigen Doppeldeckern gebracht habe!
Da berechtigterweise Nach- und Ummeldungen in diesem Jahr nicht zulässig waren, mußte ich mich bis zum 8. Dezember entscheiden, für welche Läufe ich melden sollte. Das Ergebnis war, daß ich mich kurz vor Meldeschluß für alle 13 entschieden habe, um mir alle Möglichkeiten offen zu halten. Mein Ziel war es ja, mit 5 Läufen überhaupt in die Wertung zu kommen, zumal ich mich im Dezember schon ziemlich „platt“ fühlte aufgrund des für meine Verhältnisse hohen Pensums im Jahre 2002. So mußte ich also versuchen, mich während der Serie wieder aufzubauen.
Nr. 01: Freitag, 20.12.02
Um 17 h starteten 17 unerschrockene Läufer zur Winterserie 2002 auf der „Titanic-Strecke“. Vom Wetter her gab es einen Vorgeschmack auf die Serie, Eisglätte bei –2° und das bei Dunkelheit. Die Stimmung war schon heute gut, wie die ganze Serie hindurch, später kam noch reichlich Galgenhumor dazu. Ich kam nach 4:35 h im Mittelfeld ins Ziel und war dann ca. um 23 h zu hause. Jetzt hieß es duschen, essen, trinken, schlafen und wieder aufstehen und nach Volksdorf fahren. Das sollte sich nun also fast 2 Wochen wiederholen!
Nr. 02: Sonnabend, 21.12.02
Der Start war um 10 h an den Teichwiesen, also eine kurze Regenerationszeit. Verhältnisse wie am Vortag, man hätte auch heute Schlittschuhlaufen können. Mit 5:02 fand ich mich schließlich ziemlich am Ende des 21 Läufer starken Finisherfeldes wieder, war aber froh, überhaupt im Ziel zu sein.
Nr. 03: Sonntag, 22.12.02
Wieder 10 h Teichwiesen, heute mit 23 die höchste Finisherzahl der Serie, dabei extreme Eisglätte und –3°, man konnte sich wirklich kaum auf den Beinen halten. Nach 4:43 landete ich im tiefen Mittelfeld, aber nun konnte ich jeden Tag einen neuen persönlichen Rekord aufstellen. Das erste mal hatte ich nun 3 Marathons an drei aufeinander folgenden Tagen beendet.
Nr. 04: Montag, 23.12.02
Heute waren wir 16 Starter, die den Marathon bei –7°, Sonne und auf Neuschnee finishten.
Mit 4:35 konnte ich zufrieden sein. Lothar Gehrke war nicht nur heute als Betreuer für uns da, sondern insgesamt 7 mal in der gesamten Serie, immer dann, wenn er nicht gerade selber lief.
Dafür bedanken wir uns besonders bei ihm und natürlich bei allen anderen Helfern, denn ohne sie würde nicht viel „laufen“!
Nr. 05: Dienstag, 24.12.02
Heute war der Start schon um 9:30 h, wohl, damit man ½ Stunde länger für die Familie hat.
Dieser Tag brachte mich an mein erstes Ziel, in die Serienwertung, zusammen mit 9 anderen Läuferinnen und Läufern. Ich erreichte 4:52 und zunächst den 7. Platz in der Serienwertung. Es schneite große Flocken bei –5°, Untergrund pulveriger Schnee. Heute hatten wir den Ernstfall, nämlich keinen Betreuer. Das äußerte sich z. B. dadurch, daß man den Tee aus dem Becher nicht mehr trinken konnte, weil er gefroren war. Die 18 Finisher konnte das aber auch nicht stoppen. Wie immer, waren wir im Ziel total durchgefroren, aber unsere gute Stimmung mit dem unerschütterlichen (Galgen)humor hielt uns aufrecht!
Nr. 06: Mittwoch, 25.12.02
13 Leute nahmen den 1. Weihnachtstag in Angriff auf Pulverschnee bei –2°. Es gab für mich eine 5:01, die Serie scheint sich in den Zeiten eindringlich niederzuschlagen. 34 Läufer und 1 Hund haben sich bisher an der Serie beteiligt. In der Serienwertung sind augenblicklich 4 Frauen, 6 Männer und 1 Hund, es führt Vito Piero Ancora vor Manfred Iser und Norbert Schmid, ich bin auf Platz 6.
Nr. 07: Donnerstag, 26.12.02
In diesen Tagen habe nicht nur ich es erlebt: Man steht morgens vor dem Spiegel und sieht jemanden, den man nicht kennt, tiefe Ringe unter den Augen und um Jahre gealtert. Trotzdem sind wieder 16 Menschen und 2 Hunde auf der bei 2-5° mit Eis-und Schneematsch bedeckten Strecke. Auf dem sehr schwer zu laufenden Untergrund kommen 2 von uns leider nicht ins Ziel, Manfred Hopp stürzt über einen freilaufenden Hund, Norbert Schmid zieht sich eine Muskelverletzung zu. Ich erreiche 4:54, das sind Ergebnisse, an die ich mich scheinbar gewöhnen muß.
Nr. 08: Freitag, 27.12.02
Die Bedingungen sind heute wieder einmal extrem, Nieselregen auf Eis- und Schneeglätte bei 2-6°, teils fast unlaufbar. Das Rennen nehmen 16 Frauen und Männer sowie 1 Hund auf, 2 Läufer werfen nach einigen Runden schlicht das Handtuch. Die 5:04 wird meine schlechteste
Serienzeit bleiben und somit auf Christians täglichem Wertungsprotokoll violett markiert.
Es beginnen die Spekulationen über den Seriensieg, Vito Piero hat einen konfortablen Vorsprung vor Manfred und Christian, alle anderen scheinen weit abgeschlagen zu sein.
Nr. 09: Sonnabend, 28.12.02
Wir gratulieren Peter Wieneke zu seinem 56. Geburtstag und seinem 250. Marathon gesamt sowie dem 75. in diesem Jahr! 2 Hunde, 2 Frauen und 14 Männer nehmen den Peter Wieneke Marathon in Angriff, diesmal finishen wieder alle. Die Streckenverhältnisse sind heute so gut wie nie zuvor in der Serie, die Wege sind eis- und schneefrei bei 6°. Das hat zur Folge, daß 5 der 18 Läufer, die am Ende mit mindestens 5 Läufen in die Serienwertung kamen, heute ihre beste Zeit liefen! Auch ich legte endlich mal eine 4:16 hin, blieb aber in der Wertung auf Platz 6.
Nr. 10: Sonntag, 29.12.02
16 Läuferinnen und Läufer sind bei ähnlichen Bedingungen wie gestern unterwegs, Norbert muß leider wieder mit Verletzung aufgeben. Ich beginne mich unerwartet zu steigern, als Gesamtdritter mit 4:11 und erneuter Serienbestzeit tilge ich wieder eine der ganz schlechten Zeiten aus meiner Wertung und liege in der Serie auf Platz 4 hinter Vito Piero, Manfred und Christian. Bertold und Alfred aus Wetzlar haben heute das erste mal 3 Marathons in Folge geschafft! 2 weitere sollen es noch werden.
Nr. 11: Montag, 30.12.02
Es wurde mal wieder Zeit für Neuschnee, der aber langsam wegtaute, so daß es nicht allzu glatt wurde. 16 Menschen und 1 Hund nahmen die Herausforderung an, Bianca Gudd gab sich dann mit 26,7 km zufrieden. In der Ergebnisliste dieses Tages triumphierte der 100 Marathon Club auf den ersten 5 Plätzen, das kann doch kein Zufall sein? Ein gewisser Oliver Wille taucht aus der „Tiefe des Feldes“ auf, ist jetzt auch innerhalb der Serienwertung und setzt sich mit seinem heutigen Sieg auf Platz 1 der Wertung. Dadurch rutschen wir alle einen tiefer, auch ich mit der erneuten guten Zeit von 4:16 auf den 5. Rang.
Nr. 12: Dienstag, 31.12.02
An den Teichwiesen findet heute ein Sylvesterlauf statt, so daß wir um 9:30 h auf der Titanic-Strecke starten. Die Bedingungen sind bei Sonne, Windstille und trockener Straße bei
-3° wirklich fast ideal. Trotzdem starten nur 9 Menschen und 1 Hund, die geringste Starterzahl der Serie. Nach 4:01 bin ich mit erneuter persönlicher Serienbestzeit im Ziel.
Mein Körper scheint den Widerstand aufgegeben zu haben. Später, am nächsten Morgen, erfahre ich von Christian, daß ich mich damit, gegenüber Oliver dank des Bonus, an die Spitze der Serienwertung gesetzt habe. Bei mir selbst ist die Überraschung darüber wirklich am größten!
Nr. 13: Mittwoch, 01.01.03
14 Läuferinnen und Läufer starteten um 12 h zum letzten Marathon der Winterserie.
Ich hatte mir das alles so schön vorgestellt, zumindest die zwei,drei letzten Serienmarathons ganz in Ruhe laufen zu können. Daraus war aber nun nichts geworden. Morgens auf dem Wege von Hittfeld nach Volksdorf erzählte mir Christian über Handy ganz genau, wieviel Vorsprung ich hatte und wer wie schnell laufen mußte oder durfte, damit dieser oder jener gewinnt. Jedenfalls hatte ich im Schnitt best five incl. Bonus vor dem Finale 27 !! sec. Vorsprung vor Oliver, der selbstverständlich von Christian ebenfalls über den Stand informiert worden war. Man bekommt für jeden Lauf über 5 Marathons hinaus 5 Bonusminuten, also würde ich somit auf 40, Oliver aber nur auf 5 Bonusminuten kommen.
Daraus ergab sich, daß Olli auf jeden Fall unter 3:43:43 laufen mußte, und wenn ich unter 4:35:30 bliebe, müßte er um genau dieselbe Differenz unter seiner Vorgabe bleiben. Während des Laufes habe ich die etwas einfachere Formel entwickelt, daß Olli mich keine 3 mal überrunden durfte.
Die Strecke war heute bei –4° teilweise wieder vereist. Olli legte am Anfang ein starkes Tempo vor, nahm mir schnell eine Runde ab, die zweite Überrundung dauerte etwas länger, da sein Tempo etwas nachließ, ich aber noch geringfügig steigern konnte. Erst ca. 3 Runden vor Schluß wußte ich dann sicher, daß er mich nicht ein drittes mal überholen würde und ich den Sieg in der Tasche hatte. Das machte die letzten Runden aber auch nicht leichter. Olli begleitete mich dann noch auf meiner letzten Runde und so beendeten wir gemeinsam die Serie. Mit einer 4:10 erreichte ich meine zweitbeste Serienzeit und damit auch meine besten 5 Zeiten in den letzten 5 Tagen.
Schließlich gewann ich also die Serie mit 2:38 Wertungsminuten vor Olli, dann folgten Christian, Vito Piero, Manfred und Rosi als erste Frau.
4 Läuferinnen und 14 Läufer waren innerhalb der Serienwertung mit mindestens 5 Läufen.
42 Teilnehmer wurden insgesamt gezählt.
3 Läufer beendeten alle 13 Marathons, nämlich Christian, Rosi und ich.
Ich möchte zum Schluß nicht versäumen, Christian als Organisator der Winterserie für seinen unermüdlichen Einsatz zu danken und nochmals allen Helfern für die Betreuung, denn ohne einzelne Läufer ist die Serie wohl möglich, aber nicht ohne den Organisator und die Helfer!
Ich glaube, diese 13 Tage werde ich so schnell nicht vergessen, als wir Marathonläufer so zum täglichen Bild der Teichwiesen gehörten wie die highland cows auf ihrer Koppel.
(Dietrich Eberle)